Der interaktive Stadtrundgang des Flensburger Vereins „Transformatives Denk- und Machwerk e.V.“, der in Kooperation mit der Stadt Flensburg gestaltet wurde, beginnt am Museumsberg. Er führt am Diakonissenkrankenhaus vorbei durch die Norderstraße bis zum Kompagnietor im Hafenbereich. 1,5 Stunden Zeit sollten zum Besuch aller Stationen eingeplant werden, aber der Vorteil der App-Lösung ist natürlich ein von den Teilnehmer*innen frei wählbares Tempo. Mit Hilfe der Navigationsfunktion werden Interessierte von Station zu Station geleitet und ermutigt, auf dem Weg die Augen offen zu halten und die Umwelt (neu) zu entdecken. Unterwegs gibt es Quizfragen, Wahrnehmungsaufgaben sowie Lehrreiches zu den Themen Suffizienz und Stadtplanung.
„Suffizienz in der Stadtplanung bedeutet vor allem, dass sich eine möglichst komfortable Alltagsbewältigung und nachhaltiger Städtebau nicht ausschließen”, so Levke Mahrt, vom Arbeitskreis Rundgänge im Transformativen Denk- und Machwerk e.V.. Ihre Kollegin Anna Glindemann, ehemalige Praktikantin bei der Stadt Flensburg im Forschungsprojekt „Entwicklungschancen und -hemmnisse suffizienzorientierter Stadtentwicklung“ (EHSS), ergänzt: „Der Spaziergang knüpft genau an diesem Punkt an und zeigt auf, welche Handlungsmöglichkeiten beispielsweise kommunale Planung besitzt, um eine ressourcenarme und dennoch lebenswerte Stadt für viele zu gestalten.“
So geht’s zum interaktiven Stadtspaziergang:
Benötigt wird die App „Action Bound“, die kostenlos im Google Play Store bzw. Apple App Store auf das Smartphone bzw. Tablet heruntergeladen werden kann. Über einen QR-Code lassen sich dann die Informationen für den Stadtspaziergang kostenlos herunterladen. Für den Rundgang ist so keine Internetverbindung notwendig. Alternativ kann in der Action Bound App selbst unter „Bound finden“ das Stichwort Suffizienz eingegeben werden, auch dann erscheint der Rundgang.
Hintergrund: Klimawandel, knappe Ressourcen und soziale Ungleichheit als Themen der Stadtplanung
Besonders in der Stadtplanung wird der Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels, knapper werdenden Ressourcen und steigender sozialer Ungleichheit zukünftig stärker thematisiert und gestaltet werden müssen. Ein Aspekt zeigt sich bereits jetzt in Flensburg: Der Neubau von Wohn- und Geschäftsgebäuden bedeutet, dass der Flächenverbrauch steigt. Vorher freie Flächen, oftmals öffentliche Räume oder Grünflächen, müssen zu Gunsten von Neubauten weichen, wodurch der Druck auf lokale Ökosysteme wächst und es nicht selten zu Konflikten mit Anwohnenden oder Umweltschutzorganisationen kommt. Auch stellt sich die Frage, für wen die Stadt gebaut wird – für Menschen, die auch ohne energieintensive Fortbewegungsmittel, also Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen, ihren Alltag bewältigen wollen, oder sind Wege zur Arbeit oder dem Einkaufen nur mit dem Auto zu bewerkstelligen?
Suffizienz will in Ergänzung zu den technikbasierten Nachhaltigkeitsstrategien der Effizienz und Konsistenz den absoluten Ressourcenverbrauch im Rahmen einer Änderung der Verhaltensweisen von Menschen senken und dabei soziale und ökologische Belange zusammenführen. Suffizienz orientiert sich an einem Leben nach dem menschlichen Maß, das heißt Räume sollen für möglichst viele Menschen nutzbar sein.
Auf die Frage, weshalb Suffizienz zukünftig stärker in die Stadtplanung integriert gehört, antworten Alexandra Knak, Mitarbeiterin im Forschungsprojekt EHSS seitens der Stadt Flensburg, und Henning Brüggemann, Bürgermeister der Stadt Flensburg und Projektleiter des Forschungsprojektes seitens der Stadt:
„Nur mit technischen Innovationen für eine immer effizientere Nutzung von Ressourcen und ihre Rückgewinnung werden wir die Übernutzung unserer Ökosysteme nicht in den Griff bekommen. Es braucht zusätzlich eine Änderung in unseren Verhaltensweisen und einen Wandel unserer kulturellen Leitbilder. Hier setzt Suffizienzpolitik an. Durch städtebauliche Rahmenbedingungen begünstigt sie ressourcenarme Lebensweisen, die dem Leitbild des immer Mehr ein Genug entgegensetzen.“
– Alexandra Knak & Henning Brüggemann
Mit der Entstehung des suffizienzorientierten Stadtspaziergangs setzen die Stadt Flensburg, der gemeinnützige Flensburger Verein „Transformatives Denk- und Machwerk e.V.“ sowie das an der Europa-Universität Flensburg angesiedelte Forschungsprojekt EHSS ihre Zusammenarbeit auch in diesem Jahr fort.
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