Die Europawahlen standen 2019 im Fokus der deutschen Öffentlichkeit und der Europa-Universität Flensburg, die eine ganze Vorlesungsreihe dazu organisierte. Während dabei meist Themen einer gemeinsamen europäischen Identität, der Gefahr eines Rechtsrucks durch das Erstarken nationalistischer Parteien und die Zukunft der EU im Vordergrund standen, organisierte der Verein am 13.06. einen öffentlichen Vortrag zur Agrarpolitik der EU, der in den Räumlichkeiten der Bergmühle stattfand.
Wenige Wochen vor der Wahl des Europaparlaments hatte sich der Agrarausschuss des Parlaments auf eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geeinigt, der Beschluss wurde auch von dem nach der Wahl neu konstituierten Ausschuss bekräftigt. Von einer Reform im Sinne des Klimaschutzes und der Artenvielfalt kann jedoch keine Rede sein:
Grundlegende Veränderungen gab es nicht. Stattdessen werden Mittel für die zweite Säule der GAP, die wichtige Strukturmaßnahmen für den ländlichen Raum beinhaltet, gekürzt. Die Reform wurde deshalb von vielen Expert*innen und der Fraktion der Grünen im Europaparlament als unzureichend kritisiert. Immer mehr Menschen interessieren und engagieren sich für eine nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft. Zuletzt hatte sich das in Bayern in Form eines erfolgreichen Volksbegehrens zum Schutz der Artenvielfalt niedergeschlagen.
Zeit also, um über alternative Ansätze zur EU-Agrarpolitik zu sprechen!
Dafür hatten wir Judith Oeltze vom Gärtnerhof Wanderup als Rednerin eingeladen. Judith betreibt mit ihrem Partner Hendrik Henk einen nach Kriterien des biointensiven Anbaus bewirtschafteten Hof in Wanderup, der als solidarische Landwirtschaft Menschen aus der Umgebung mit regionalen und nachhaltigen Nahrungsmitteln versorgt.

In ihrem Vortrag betonte sie die vielfaltigen Auswirkungen der GAP auf die Art und Weise, wie Landwirtschaft in Europa und darüber hinaus gestaltet wird. So sorgen die massiv subventionierten Agrarprodukte etwa nicht nur für eine negative Beeinträchtigung der lokalen Versorgungsinfrastruktur in Afrika, sondern tragen auch zu schlechten Arbeitsbedingungen in Europa selbst bei, wo die industrielle Landwirtschaft längst in großem Stil auf die billige Arbeitskraft von Migrant*innen angewiesen ist. Die GAP, die zum Ziel hatte die Ernährungssicherheit in Europa zu gewährleisten, stellt nun eher eine Hürde für den Umbau zu einer nachhaltigen Landwirtschaft dar.
Wie sähen dagegen Ansätze nachhaltiger Landwirtschaft aus?
Judith Oeltze, die gut vertraut ist mit Formen alternativer Landwirtschaft, ging exemplarisch auf einige Projekthöfe und deren Anbaumethoden ein und betonte gleichzeitig, dass bestimmte Prinzipien, wie etwa eine kommunale Versorgung von Städten mit Nahrungsmitteln schon früher existierten. Diese anschaulichen Beispiele verdeutlichten dem Publikum, dass es sich bei den Alternativen zur industriellen Landwirtschaft nicht um abstrakte Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit handelt, sondern um Praktiken, die schon immer da waren und von vielen Menschen fortgeführt und erweitert werden.

Im Anschluss an den Vortrag konnten die Gäste bei Getränken, die vom Verein gegen Spende bereitgestellt wurden, weiterdiskutieren und sich miteinander austauschen.
